Beraterleitfaden zur internen Unternehmensstruktur
Eine Unternehmensstruktur kann ein verwirrender und frustrierender Aspekt beim Start eines neuen Kundenprojekts sein.
Aus diesem Grund ist es wichtig, die richtigen Beratungsfragen zu stellen. Ansonsten laufen Sie Gefahr, den Rest des Projekts damit zu verbringen, mit den falschen Leuten zu sprechen oder ewig auf die Umsetzung Ihrer Vorschläge zu warten.
Werfen wir also einen Blick auf einige mögliche Organisationsstrukturen, sowie ihre Auswirkungen auf Berater.
Eine Unternehmens- oder Organisationsstruktur beschreibt die Funktionsweise eines Unternehmens. Sie definiert Regeln, Rollen und Verantwortlichkeiten für die Interaktion und den Informationsfluss innerhalb eines Unternehmens.
Des Weiteren wird sie häufig in ein visuelles Diagramm umgewandelt. Aus diesem geht dann hervor, wie das Unternehmen aufgeteilt ist, wer wem unterstellt ist und welche Beziehungen zwischen den Mitarbeitern bestehen.
Die Art und Weise, wie ein Unternehmen sich selbst gliedert, hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie es geführt wird und wie Ressourcen verteilt werden.
Einige der gängigsten Einteilungsverfahren sind nach:
- Funktion, z. B. Finanzen, HR, Marketing, Vertrieb
- Marktsegment
- Produkten
- Standort
- Prozessen, z. B. R&D, Kundenakquise, Auftragsabwicklung
Jede Unternehmensstruktur hat Vor- und Nachteile und es gibt nicht die eine „richtige" Struktur. Wichtig ist es, sich als Berater vor Projektbeginn über die Organisationsstruktur des Kunden zu informieren.
Nehmen wir zum Beispiel an, Ihr Kundenprojekt liegt im Bereich Marketing. Hat das Unternehmen eine produktbezogene oder geografische Struktur, können Sie leicht mit mehreren Marketingteams in Kontakt treten. Dagegen sind Sie bei einer funktionalen Struktur nur in der Lage, mit dem Team der Muttergesellschaft zusammenzuarbeiten.
Ein nächster Aspekt ist die Struktur der Managementberichterstattung. Es gibt drei Möglichkeiten, diese zu betrachten:
- Entscheidungsweg
- Kontrollbereich
- Zentralisierung
Schauen wir uns diese Aspekte nun genauer an und überlegen, wie sie sich auf Ihr Beratungsprojekt auswirken könnten.
Allerdings sollten wir uns, bevor wir dies tun, eine, von Harold Geenen formulierte Weisheit in Erinnerung rufen: „Jedes Unternehmen hat zwei Organisationsstrukturen: Die formale Struktur steht auf dem Organigramm, die andere ist die alltägliche Beziehung zwischen den Männern und Frauen in der Organisation.”
Während Sie also das formale Organigramm in Betracht ziehen, könnte eine kluge Beratungsfrage lauten: „Wen fragen Sie normalerweise um Rat?" oder „Was ist der beste Weg, um hier eine schnelle Entscheidung zu treffen?”
Der Entscheidungsweg beschreibt die Reihenfolge der Entscheidungsfindung und der Verantwortung. Diejenigen an der Spitze haben die meiste Macht und bei Entscheidungen in der Regel das letzte Wort. Demnach nimmt mit jeder darunter liegenden Ebene die Macht ab.
Je länger dieser Weg ist, desto hierarchischer die Unternehmensstruktur.
Jedoch besitzt ein langer Weg den Vorteil von Klarheit. Jeder weiß, wer wofür verantwortlich ist, wer wem unterstellt ist und an wen man sich für Antworten wenden sollte. Somit können einzelne Personen für bestimmte Aufgaben zur Verantwortung gezogen werden.
Der Nachteil eines langen Entscheidungswegs ist die mangelnde Autonomie der Mitarbeiter auf den unteren Ebenen, sowie die langsame Entscheidungsfindung.
Sind Sie ein Berater und Ihr Hauptansprechpartner für das Kundenprojekt ist zu weit unten in einer Unternehmensstruktur angesiedelt, können Sie mit längeren Verzögerungen und Rückabwicklungen konfrontiert werden.
Mit welchen Personen Sie arbeiten, hängt von dem Umfang des Projekts ab.
Angenommen, es handelt sich bei Ihrem Projekt um ein relativ einfaches Projekt. In diesem Fall sind nur eine begrenzte Anzahl von Personen oder nur ein Bereich des Unternehmens betroffen. Folglich ist die Ebene des Ansprechpartners weniger wichtig. Dagegen lohnt es sich bei komplexeren Projekten, mit einem internen Projektleiter höherer Ebene zu verhandeln. Zumindest sollten Sie sicherstellen, Zugang zu einer übergeordneten Person zu haben.
In sehr hierarchischen Organisationen gilt es als unhöflich, den jeweiligen Ansprechpartner zu überspringen. Wenn Sie das System umgehen und versuchen, auf informellem Weg eine höhere Position zu erreichen, riskieren Sie, das Vertrauen des zuständigen Projektleiters zu verlieren.
Kontrollbereich
Der Kontrollbereich kann groß oder klein sein. Er bezieht sich auf die Anzahl der Mitarbeiter, die direkt an einen einzelnen Vorgesetzten, Manager oder eine Führungskraft berichten.
Die Unterteilung in kleinere Kontrollbereiche wird mit einer hierarchischeren Unternehmensstruktur in Verbindung gebracht. Größere Kontrollbereiche dagegen werden mit flacheren, weniger hierarchischen Strukturen assoziiert.
Auch hier gibt es keine optimale Größe des Kontrollbereichs. Die Anzahl der Personen, die eine Person leiten kann, hängt von mehreren Faktoren ab:
- Organisationskultur: Je lockerer und flexibler die Organisationskultur ist, desto wahrscheinlicher ist ein größerer Kontrollbereich. Ein Charakterzug dieser Kultur kann auch darin bestehen, dass von Mitarbeitern erwartet wird, selbständig zu arbeiten. In diesem Fall tendieren Vorgesetzte dazu, nur bei der Beantwortung von Fragen oder der Unterstützung bei komplexen Aufgaben einzugreifen. Auch dies wird zu einem größeren Kontrollbereich führen. Im Umkehrschluss sollten Führungskräfte, wenn eine strengere Kontrolle erforderlich ist, weniger direkte Untergebene haben.
- Unternehmensgröße: In größeren Unternehmen sind in der Regel mehr Mitarbeiter einem einzigen Manager unterstellt.
- Art der Tätigkeit: Je routinemäßiger und einfacher die Aufgaben sind, desto weniger direkte Aufsicht ist erforderlich. Infolgedessen sind Führungskräfte in der Lage, mehr Mitarbeiter zu kontrollieren. Komplexe oder unstrukturierte Aufgaben erfordern häufigere Entscheidungen und mehr Führungskräfte.
- Kompetenz von Managern und Mitarbeitern: Je erfahrener die Führungskraft und/oder die Mitarbeiter sind, desto mehr Personen können einer Person unterstellt werden. Im Fall, dass die Führungskraft neben der Aufsicht, auch technische Aufgaben wahrnimmt, sollte die Zahl der untergestellten Mitarbeiter reduziert werden.
- Exekutiv- oder Managementebene: Im Allgemeinen ist es besser, lieber weniger als zu viele direkte untergeordnete Mitarbeiter auf höheren Ebenen zu haben. Ist die Zahl zu hoch, kann das zu einer erschwerten Kommunikation führen. Dies wiederum kann dann Verzögerungen bei wichtigen Entscheidungen zur Folge haben.
- Grad der Digitalisierung: Mit der Digitalisierung von Unternehmen werden Routineaufgaben automatisiert. Die Folge ist, dass jeder Zugang zu denselben, aktuellsten Informationen hat. Dadurch wird Druck verringert und der Kontrollbereich kann allgemein größer werden.
Oft ist ein unangemessener Kontrollbereich, vor allem auf den höchsten Ebenen, die Ursache für Probleme mit Kunden.
Im Fall, dass einer Führungskraft zu viele Mitarbeiter unterstellt sind, kann dies zu Überforderung und einer Überhäufung mit operativen Fragen führen. Aus diesem Grund können dann strategische oder organisatorische Veränderungen, die Sie im Rahmen Ihres Kundenprojekts einführen wollen, ganz unten auf dem Stapel der zu behandelnden Themen landen! Das sollte vermieden werden!
Ebenso ineffektiv ist die Berichterstattung unter vier Augen. Dies führt dazu, dass niemand zur Rechenschaft gezogen werden kann und Manager der unteren Ebenen oft die einzigen sind, die ihre Arbeit machen. Angenommen Sie sprechen beispielsweise nur mit dem ranghöchsten Manager, aber nicht mit der Person, die für die tatsächliche Umsetzung der Änderungen verantwortlich ist. Die Folge ist, dass Sie möglicherweise Lücken in der Ausführung ihrer Empfehlungen feststellen werden.
Die Digitalisierung von Unternehmen kann sehr hilfreich sein, um Probleme im Kontrollbereich zu lösen. Demnach können Sie die, als Digitalisierungsberater, als Verkaufsargument nutzen. Jedoch sollten Sie sich der Dynamik bewusst sein und in Ihrem Projektplan Wege zu deren Bewältigung vorsehen.
Außerdem sollten Sie bei der Arbeit an einem Projekt daran denken, die Unternehmensstruktur-Diagramme anzupassen. Somit können neuen Arbeitsabläufe visualisiert werden.
Einige Unternehmen zentralisieren die Entscheidungsfindung an der Spitze der Organisation oder an der Spitze der funktionalen oder geografischen Einheiten. Andere dezentralisieren je nach Teamstruktur, Produktunterschied, Projekt oder anderen Überlegungen.
Die Unternehmensstruktur von Kunden zu verstehen, ist extrem wichtig für Berater, um Entscheidungen treffen zu können. Nur so können digitale oder agile Systeme als Teil von Kundenprojekten eingeführt werden.
Agile Organisationen sind auf dezentralisierte Entscheidungsfindung und flexible Teamstrukturen angewiesen.
- Per Definition sind sie nicht hierarchisch. Sie zeichnen sich durch kurze Entscheidungswege und große Kontrollbereiche aus.
- Der Schwerpunkt liegt auf Kunden und den Veränderungen auf dem Markt, anstatt auf internen Berichtslinien.
- Eine schnelle und offene Kommunikation ist unerlässlich.
All das klingt in der Theorie gut. Allerdings ist es leichter gesagt als getan. Vor allem, wenn Sie mit Kunden einer eher traditionellen Unternehmensstruktur zusammenarbeiten, kann es zu Schwierigkeiten kommen. Interessanterweise sind es oft Mitarbeiter unterer Ebenen, die beim Angebot von mehr Autonomie, Widerstand leisten.
Aus diesem Grund ist ein sorgfältig konzipiertes und durchgeführtes Veränderungsmanagementprogramm dringend erforderlich. Dies erlaubt es Ihnen, die Unternehmensstruktur zu berücksichtigen und Menschen auf allen Ebenen des Unternehmens einzubeziehen.
Die Beratungsfrage zur Unternehmensstruktur stellen
Die Frage, die man zu Beginn eines Beratungsprojekts stellen sollte, ist ganz einfach: "Wie ist Ihr Unternehmen strukturiert?" Daran können sich detailliertere Fragen anschließen, um den Entscheidungsweg, den Kontrollbereich und die Zentralisierungsaspekte besser zu verstehen.
Darüber hinaus sollten Sie sicherstellen, dass Sie wissen, wo Ihre Hauptansprechpartner sitzen. Dies kann für die Planung und Durchführung eines Kundenprojekts von großer Bedeutung sein. Außerdem sollten Sie nicht vergessen nachzufragen, an wen sie sich um Hilfe und Rat wenden können, um auch die informelle Unternehmensstruktur zu verstehen.
Überdies reicht es als Berater für digitale oder agile Systeme sind aus, die aktuelle Organisationsstruktur zu kennen. Vielmehr lautet die Frage, die Sie stellen müssen: „Ist dies die beste Unternehmensstruktur für diesen Kunden?”