Die Geschichte der Beratungsbranche: Ein Überblick
Ganz gleich, ob Sie bereits ein Berater sind oder darüber nachdenken, einer zu werden – es lohnt sich, einen Überblick über die Geschichte der Branche zu haben.
Der Akt des „Rat-Suchens“ ist Jahrtausende alt. Die Beratungsbranche, wie wir sie heute kennen, ist jedoch eine noch relativ junge Erscheinung.
In folgendem Artikel nehmen wir Sie mit auf eine Reise in die Vergangenheit und erörtern, wie genau die Beratungsbranche entstanden ist. Außerdem werfen wir einen Blick darauf, wie sie an Dynamik gewonnen, schwierige Zeiten überstanden hat und wie sie immer noch Milliarden von Dollar an Einnahmen generiert.
1926: James McKinsey gründet die allererste reine Unternehmensberatungsfirma
James McKinsey war ein amerikanischer Buchhalter, der 1919 seinen Abschluss als Wirtschaftsprüfer machte und für den Staat Illinois zu arbeiten begann. Die Beratungsbranche, wie wir sie heute kennen, gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Die Idee, eine Beratungsfirma zu gründen, kam ihm, als er für das U.S. Army Ordnance Department arbeitete und sah, dass die Zulieferer des Militärs ineffizient waren. Daraufhin gründete McKinsey eine Firma mit dem Namen „Accounting and Management Firm“, mit welcher er begann, Menschen zu beraten, die Rechnungslegungsgrundsätze für ein effizientes Management anzuwenden.
Nach James McKinsey bestanden die beiden wichtigsten Persönlichkeiten der Firma aus den ersten Partnern, Tom Kearney und Marvin Bower. Kearney wurde 1929 eingestellt, während Bower vier Jahre später, 1933, hinzukam.
Im Jahr 1944 eröffnete die Firma ihr drittes Büro in San Francisco. Da es bereits weitere Büros in New York und Chicago gab, beschlossen die Führungskräfte, ein einziges Unternehmen mit gemeinsamen Werten und Aufgaben zu gründen, anstatt unterschiedliche Namen für Büros in verschiedenen Regionen zu haben.
1959 eröffnete McKinsey sein erstes Büro außerhalb der Vereinigten Staaten und zwar in London. Daraufhin dehnte das Unternehmen sein Imperium kontinuierlich auf weitere Kontinente und Länder aus und lieferte einem breiten Spektrum von Kunden hervorragende Ergebnisse.
Das wirklich Besondere, das McKinsey der Welt jedoch geschenkt hat, war die Idee der Unternehmensberatung als legitimer Vollzeitberuf.
DAS WICHTIGSTE AUF EINEN BLICK
- McKinsey & Company, ein Unternehmen, welches 1926 von einem amerikanischen Wirtschaftsprüfer gegründet wurde, war die erste reine Unternehmensberatungsfirma.
- Bruce Henderson gründete 1963 die Boston Consulting Group (BCG). BCG war eines der ersten Unternehmen, das Content-Marketing zur Selbstvermarktung nutzte.
- Bill Bain, der bei BCG angestellt war und potenzieller Nachfolger von Bruce Henderson hätte werden können, kündigte bei BCG und gründete seine eigene Firma Bain & Company.
- Neben MBB haben auch die vier großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte, KPMG, PwC und Ernst & Young, die Geschichte der Unternehmensberatung maßgeblich geprägt.
- Im Gegensatz zu MBB gab es bei den Big Four mehrere Vorgängerfirmen. Außerdem durchlief jede dieser Firmen mehrere Fusionen mit anderen Firmen, um zu dem zu werden, was sie heute sind.
1963: Bruce Henderson gründet die Boston Consulting Group (BCG)
Für einige Jahrzehnte lang, hatte McKinsey eine Monopolstellung in der Beratungsbranche inne. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt bereits klar, dass der Markt die Idee, Berater für ihren Rat zu bezahlen, angenommen hatte. Ein steigender Wettbewerb war als Folge unvermeidlich und es war Bruce Henderson, der die Gelegenheit ergriff.
Zunächst wurde das Unternehmen „Management and Consulting Division" genannt, da es als Beratungstochter der „The Boston Safe Deposit and Trust Company" gedacht war.
Innerhalb eines Jahres vermarktete Henderson BCG mit einer Taktik, die heute von den meisten Unternehmen verwendet wird: Content-Marketing. Er begann mit der Veröffentlichung einer Reihe von provokanten Aufsätzen über Strategie, welche als „Perspectives” bekannt wurden.
Die Ideen, die Henderson und seine Kollegen veröffentlichten, waren so bahnbrechend, dass Unternehmen sie bis heute nutzen. Die Growth-Share-Matrix von BCG beispielsweise, ist ein Instrument, das die Produkte eines Unternehmens in vier Kategorien einteilt: Cash Cows, Stars, Question Marks und Dogs. BCG differenzierte sich immer wieder durch die Veröffentlichung ähnlich innovativer Strategien. In den 1980er Jahren wurde die Reihe der Perspectives-Aufsätze um einen weiteren erweitert: „Time-based competition”. Der Aufsatz erörtert, wie Unternehmen durch effizientes Zeitmanagement einen Wettbewerbsvorteil erzielen können.
Auf diese Weise war BCG eines der ersten Unternehmen – nicht nur in der Beratungsbranche, sondern in jeder Branche, welches Content-Marketing einsetzte, um seinen Kunden einen Mehrwert zu bieten und sich als Autorität zu positionieren.
1973: Bill Bain tritt von BCG zurück und gründet seine eigene Firma - Bain & Company
Bruce Henderson, der Gründer von BCG, bot Bill Bain 1967 eine Stelle in seiner Firma für ein Jahresgehalt von 17.000 Dollar. Folglich war es offensichtlich, dass Bain die BCG nach Henderson übernehmen würde. Doch Bain tat etwas, das die Geschichte der Beratungsbranche verändern würde – Statt Hendersons Nachfolger zu werden, kündigte Bain und gründete seine eigene Beratungsfirma, Bain & Company.
Der Begriff MBB, zu dem McKinsey & Co., BCG und Bain & Co. gehören, würde heute nicht existieren, wäre Bain damals bei Henderson geblieben. Hätte Bain nicht gekündigt, würden wir heute vielleicht den Begriff „Big Two" anstatt „Big Three" verwenden. Tatsächlich nahm Bain sogar sechs BCG-Mitarbeiter in sein neues Unternehmen mit.
Allerdings sollte erwähnt werden, dass nicht immer alles rosig lief, für das milliardenschwere Unternehmen. In den späten 80er Jahren sah sich Bain mit ernsthaften finanziellen Problemen konfrontiert, die zu massiven Entlassungen, einem Rückgang der Kundenausgaben für das Unternehmen, sowie einer schwierigen Beziehung zu den Partnern des Unternehmens führten.
Trotzdem gelang es der Firma, durch die Einstellung einiger neuer intelligenter Köpfe über Wasser zu bleiben. So wurde zum Beispiel Mitt Romney, heute ein amerikanischer Politiker, 1991 eingestellt. Dieser strukturierte das Unternehmen um, verhandelte Schulden neu und brachte mehr Transparenz in das Unternehmen. Als Folge kam Bain & Co im Jahr 1998 wieder auf die Beine und erwirtschaftete einen Umsatz von satten 220 Millionen Dollar.
Ab 1980: Nach mehreren Fusionen entstehen KPMG, PwC und Ernst & Young
Deloitte, KPMG, PwC und Ernst & Young gehören zu den Big Four. Obwohl diese Firmen eher in der Buchhaltung, als in der Unternehmensberatung tätig sind, prägten auch sie die Beratungsbranche maßgeblich.
Die Vorgänger von Deloitte bestehen seit mehr als einem Jahrhundert und das Unternehmen erreichte durch Fusionen mit mehreren anderen Unternehmen sein heutiges Niveau. Der Rest der Big Four kann eine ähnliche Geschichte vorweisen.
KPMG, wie wir es heute kennen, wurde 1987 nach einer großen Fusion mit drei anderen Vorgängerunternehmen gegründet. Diese sind unter dem Namen KMG bekannt und schließen Klynveld Kraayenhof & Co, McLintock Main LaFrentz, sowie die Deutsche Treuhandgesellschaft mit ein. Der Wirtschaftsprüfungsriese erwirtschaftete im Jahr 2021 einen Umsatz von über 32 Milliarden Dollar und beschäftigt derzeit mehr als 230.000 Mitarbeiter auf der ganzen Welt.
PwC fusionierte, wie andere große Firmen auch, mit Vorgängerunternehmen und entwickelte sich so zu einem globalen Phänomen. Coopers & Lybrand und Price Waterhouse, zwei in London gegründete Wirtschaftsprüfungsunternehmen, schlossen sich 1998 zu PricewaterhouseCoopers zusammen, dessen Abkürzung PwC lautet. Die Firma betreibt drei Hauptbereiche von Dienstleistungen: Wirtschaftsprüfung, Beratung und Steuern. Der größte Teil des milliardenschweren Umsatzes stammt aus der Wirtschaftsprüfung, der kleinste aus dem Steuerbereich.
Ernst & Young wurde, wie fast alle anderen milliardenschweren Beratungsunternehmen, nach Fusionen mit mehreren Vorgängern gegründet. Der älteste Vorgänger von EY ist Harding & Pullein, ein Unternehmen, das 1849 gegründet wurde. Aus der Fusion von Ernst & Whinney mit Arthur Young & Co. im Jahr 1989, ging das heutige Ernst & Young hervor. Im Gegensatz zu PwC bietet EY Dienstleistungen im Bereich der Unternehmensberatung und -strategie sowie rechnungslegungsbezogene Dienstleistungen, wie Wirtschaftsprüfung und Steuern an.
Fazit
Es ist offensichtlich, dass es zwischen allen Beratungsunternehmen einen gemeinsamen Nenner gibt – einen aktiven Unternehmer, der die Initiative ergreift. Ein weiteres gemeinsames Muster, welches jedoch nur bei den Big Four zu finden ist, sind Fusionen mit anderen Unternehmen, die ähnliche Dienstleistungen anbieten. Verpasst man es, sich mit Unternehmen zusammenzuschließen, welche Dienstleistungen in derselben Nische anbieten, werden diese zu Konkurrenten. Das Sprichwort „Gemeinsam stehen wir, geteilt fallen wir" trifft auf dieses Szenario perfekt zu. Hoffentlich hat dieser kurze Überblick, über die Geschichte der Beratungsbranche, sie motiviert, selbst in der Branche tätig zu werden. Viel Erfolg dabei!