Agile, Wasserfall oder beides: Wie findet man ein Gleichgewicht?
Den grĂśĂten Unterschied zwischen Agile und der Wasserfall-Methode kennen Sie vielleicht schon: Ersteres bietet Flexibilität und viele MĂśglichkeiten zu Veränderung, während letzteres eher starr und linear ist. Agile ermĂśglicht ständige Verbesserungen durch das Sammeln von Benutzerfeedback, während die Wasserfall-Methode, wie eben auch ein Wasserfall, keine Stopps zulässt.
Das bedeutet nicht unbedingt, dass eine Methode besser ist, als die andere. Beide Werkzeuge haben ihre eigene Anwendung und eignen sich am besten fĂźr bestimmte Arten von Projekten. In folgendem Artikel werfen wir einen Blick auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Agile und der Wasserfall-Methodik und erfahren, wie Sie beide kombinieren kĂśnnen. Dies wird Ihnen helfen, ein hybrides Management-Tool zu schaffen, das Ihnen hilft, Ihr Endziel rechtzeitig und innerhalb des Budgets zu erreichen.
Wasserfall vs. Agile: Ein Vergleich
Agile: Eine kurze Zusammenfassung
Agile ist eine Projektmanagement-Methode, die von einer Gruppe von Branchen-Vordenkern entwickelt wurde. Diese erkannten, dass der ßbliche Wasserfall-Ansatz viele Einschränkungen mit sich bringt. Aus diesem Grund verfassten sie das berßhmte Agile Manifest und nahmen die folgenden vier Grundwerte darin auf:
- Individuen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
- Ein funktionierendes Produkt kommt vor einer umfassenden Dokumentation.
- Zusammenarbeit mit dem Kunden steht Ăźber Vertragsverhandlungen.
- Reaktion auf Veränderungen hat Priorität ßber dem Befolgen eines Plans.
Bevor Unternehmen Agile als zentrale Projektmanagement-Methode einsetzten, konzentrierten sich Teams an erster Stelle darauf, die besten Tools und Prozesse zu haben, um Ziele zu erreichen. Dabei wurden die eigentlichen Menschen oft vernachlässigt. Bei Agile jedoch ist dies nicht der Fall. Der Mensch steht an erster Stelle.
Des Weiteren gab es in der Vergangenheit oft Diskrepanzen zwischen den Anforderungen von Kunden und dem tatsächlichen Endprodukts. Agile lÜst dieses Problem durch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Kunden, sowie durch die Bereitstellung funktionierender Software.
Ein weiteres wichtiges Merkmal von Agile ist die Bereitschaft, sich auf Veränderungen einzulassen, anstatt sich diesen zu widersetzen. Während der Entwicklung einer neuen Software kÜnnen sich beispielsweise die Technologie oder Kundenbedßrfnisse ändern. In diesem Fall ist es sinnlos, an dem zuvor vereinbarten Produkt festzuhalten. Eine kontinuierliche Anpassung des Produkts ist hier die einzige funktionierende Option.
Doch wie jede andere Projektmanagement-Methode hat auch Agile seine Vor- und Nachteile. Lassen Sie uns nun einen Blick auf diese werfen.
Vorteile
- RegelmäĂige Sprints erhĂśhen die Produktivität und den Output drastisch.
- Wenn sich die zu liefernden Ergebnisse oder der Projektumfang mitten im Projekt ändern, kÜnnen Teams dies effizient bewältigen.
- Agile legt Wert auf Transparenz, sodass Kunden Ăźber die Fortschritte des Projekts auf dem Laufenden bleiben kĂśnnen.
- Eine funktionierende Software wird nach kurzer Zeit geliefert, sodass Ănderungen je nach Wunsch des Kunden vorgenommen werden kĂśnnen.
- Durch tägliche Stand-up Meetings kÜnnen sich Projektmanager ein besseres Bild davon machen, was das Team an einem bestimmten Tag tut.
Nachteile
- Der Projektumfang und der Zeitplan kÜnnten sich von Zeit zu Zeit ändern, sodass einige Mitarbeiter diese wechselnden Zielvorgaben als stressig empfinden kÜnnten.
- Die Umsetzung von Agile bedeutet, dass verschiedene Abteilungen gleichzeitig an mehreren Phasen eines Projekts arbeiten, was zu Missverständnissen und sich ßberschneidenden Aufgaben fßhren kann.
- Es kann schwierig sein, Fristen zu setzen oder zu verwalten, da Zeitpläne und Zeitvorgaben bei Agile nicht sehr starr sind und häufig Ănderungen vorkommen.
- Die Kommunikation kann bei der EinfĂźhrung von Agile in groĂen Organisationen, aufgrund mangelnder Dokumentation oder schlechter Organisation der Dokumente, eine Herausforderung darstellen.
Wasserfall-Methode: Kurzer RĂźckblick
Im Gegensatz zu Agile ist die Waserfall-Methodik eine lineare Projektmanagement-Methode, die bei Projekten eingesetzt wird, bei welchen das Endziel eindeutig festgelegt ist und kein Spielraum fĂźr Ănderungen besteht. So wie das Wasser in einem Wasserfall ohne Unterbrechung von oben nach unten flieĂt, bewegen sich die Phasen in Wasserfall-Projekten in einer vorhersehbaren und vorgegebenen Bewegung. Von Anfang an werden Projektleistungen, Meilensteine und ein Zeitplan festgelegt und alle Aufgaben im Projekt laufen in einer linearen Reihenfolge ab.
Im Folgenden einige Vor- und Nachteile des Wasserfallmodells:
Vorteile
- Die Kosten und der Zeitplan des Projekts kĂśnnen von Anfang an genau vorhergesagt werden.
- Es wird eine lineare Abfolge eingehalten, sodass jeder weiĂ, was wann passieren wird.
- Jede Phase muss vollständig abgeschlossen sein, bevor mit der nächsten begonnen werden kann. Dies trägt zu einem strukturierten Arbeitsablauf bei.
- Die Messung des Fortschritts ist sehr einfach, da ein gut strukturierter und robuster Zeitplan erstellt und zu Beginn des Projekts genehmigt wird.
- Kunden kĂśnnen keine Ănderungen mehr verlangen, nachdem das Projekt begonnen hat, was VerzĂśgerungen und verpasste Fristen verhindert.
Nachteile
- Mangelnde Flexibilität ist der grĂśĂte Nachteil der Wasserfall-Projektmanagement-Methodik.
- Da eine lineare Abfolge eingehalten wird, kÜnnen VerzÜgerungen in einer Phase das gesamte Projekt unnÜtig in die Länge ziehen.
- Die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Kunden ist bei der Wasserfall-Methode nicht die Norm und das Team arbeitet nur an den vereinbarten Ergebnissen. Dadurch kann es passieren, dass der Kunde mit dem Endprodukt unzufrieden ist.
- Da Kunden nicht in das Projekt einbezogen werden, kĂśnnten sie Ănderungen verlangen oder den Projektumfang erhĂśhen, was zu einer schleichenden Ausweitung des Projektumfangs fĂźhren kann.
- Probleme in einer laufenden Phase kÜnnen unbemerkt bleiben, bis die nächste Phase beginnt. Das bedeutet, dass das Team eine Kehrtwende machen und die Dinge in Ordnung bringen muss, bevor es weitergeht.
Agil vs. Wasserfall: Welche Methode sollten Sie wählen?
Nachdem Sie nun beide Projektmanagement-Methoden mit ihren Vor- und Nachteilen im Detail kennen, lassen Sie uns einen Blick darauf werfen, wie Sie die richtige Methode fßr Ihr nächstes Projekt auswählen.
Die Wasserfall-Methode eignet sich besser fßr Projekte, bei denen sich Teams an strenge Normen und Vorschriften halten mßssen, die z. B. von BehÜrden vorgegeben werden.
Angenommen, ein Pharmaunternehmen beginnt ein neues Projekt fßr die klinische Erprobung eines neuen Medikaments. In diesem Fall muss es mÜglicherweise mehrere Phasen fßr das Projekt erstellen, einen Plan zur Risikominderung kreieren, ihn den BehÜrden zur Genehmigung vorlegen und dann den Prozess fßr die nächste Phase wiederholen.
Das Gleiche gilt fĂźr andere Branchen, in denen eine ordnungsgemäĂe Planung obligatorisch ist und es keinen Raum fĂźr Vermutungen oder Fehlschläge gibt. Nehmen Sie die Luft- und Raumfahrtindustrie als Beispiel. Man kann kein neues Raketenantriebssystem entwickeln, ohne in jeder Phase ein Häkchen zu setzen, bevor man zur nächsten Phase Ăźbergeht. Bei solchen Projekten ist kein Platz fĂźr âinkrementelle Verbesserungenâ oder âVorwärts-Scheiternâ. Das Team sollte es gleich beim ersten Versuch richtig machen oder zumindest sein Bestes geben, um dies zu erreichen.
Dagegen kann Agile eine bessere Option fĂźr bestimmte Branchen wie IT, Design, Marketing, Entwicklung von KonsumgĂźtern usw. sein. In diesen Sektoren kann es zu raschen Veränderungen kommen. Folglich mĂźssen Unternehmen, um mit den Anforderungen des Marktes Schritt halten zu kĂśnnen, in der Lage sein, sich auf Veränderungen einzulassen. Agile Methoden eignen sich auĂerdem besser fĂźr Projekte mit einer starken Beteiligung von Kunden oder Interessengruppen. Dadurch wird sichergestellt, dass sowohl das Team, als auch der Kunde Ăźber den Projektfortschritt auf dem Laufenden bleiben und einander helfen, durch kontinuierliche Zusammenarbeit und Feedback das beste Endprodukt zu schaffen.
Ist eine Kombination aus Agile und Wasserfall mĂśglich?
Management-Tools sind dazu da, Menschen zu helfen. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die guten Aspekte verschiedener Methoden zu kombinieren, um eigene, maĂgeschneiderte Versionen zu erstellen, die sich optimal zum Erreichen individueller Ziele eignen.
Wenn Sie beispielsweise an einem groĂen Projekt arbeiten, das sowohl vorhersehbare als auch flexible Teile hat, kĂśnnten Sie die Wasserfall-Methodik fĂźr die vorhersehbaren Aspekte und Agile fĂźr die iterativen und unsicheren verwenden. Angenommen ein Unternehmen in den USA arbeitet an der VerĂśffentlichung einer Online-App arbeitet, die es ermĂśglicht, in den Aktienmarkt zu investieren. In diesem Fall muss das Unternehmen unter Umständen verschiedene Genehmigungsphasen bei der US Securities and Exchange Commission (SEC) und der Financial Industry Regulatory Authority (FINRA) durchlaufen.
Die Projektphasen, die Genehmigungen erfordern, kÜnnen also mit der Wasserfall-Methode angegangen werden. Auf andere Teile des Projekts kann dagegen Agile angewandt werden, z. B. auf das App-Design, die grafische Gestaltung, das Schreiben von Texten, das Content-Marketing usw.. Auf diese Weise kann viel Zeit gespart werden und das Unternehmen ist in der Lage, die App vor seinen Konkurrenten herauszubringen, die mÜglicherweise eine strikte Wasserfallstruktur verfolgen und damit das Projekt in die Länge ziehen.
Lassen wir uns die Erkenntnisse nochmals zusammenfassen:
Wenn die Projektziele und -ergebnisse sehr gut vorhersehbar sind oder wenn man in einer stark regulierten Branche arbeitet, ist die Wasserfallstruktur mĂśglicherweise die beste Vorgehensweise. In einer dynamischen Branche wie der Softwareentwicklung dagegen, in der schnelles Scheitern, Experimente und Ănderungen die Norm sind, ist Agile wahrscheinlich die bessere Wahl. Und schlieĂlich, wenn ein Projekt sowohl vorhersehbare als auch unvorhersehbare Teile enthält, sollte man in Erwägung ziehen, eine Mischung aus beiden Managementinstrumenten anzuwenden.